Von Thomas Grüner
Mit einem Marktrückgang von zehn Prozent haben die globalen Aktienmärkte das offizielle Korrekturniveau erreicht. Diese Entwicklung ist für viele Anleger doppelt schmerzhaft, geschieht sie doch, bevor die alten Höchststände vom Januar 2022 wieder erreicht werden konnten. Beängstigende Schlagzeilen gibt es ausreichend. Krieg in Israel und ein schneller Anstieg der Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in den USA sind nur zwei der Sorgen von Investoren. Doch die Beschaffenheit von Korrekturen verändert sich nicht. Sie sind stimmungsgetrieben und in der Regel genauso schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen sind. Die fundamentalen Faktoren haben sich hingegen nicht verändert. Daher besteht unser Ratschlag: Ruhig bleiben.
Falsche Fährten
Starke Marktbewegungen können anstrengend sein. Und doch gehören sie zu Erholungsbewegungen nach Rückgängen dazu. Während des Bullenmarkts zwischen 2009 und 2020 gab es zwischenzeitlich neun Rückgänge im marktbreiten S&P 500 von mehr als acht Prozent. Alle waren mit Schreckensmeldungen verbunden. Die Pleite Griechenlands, die allgemeine Schuldenkrise der Eurozone, der Streit um die US-Schuldenobergrenze, der Handelsstreit, Brexit oder die Sorgen um das chinesische Wachstum konnten allesamt den Marktanstieg nicht verhindern. Ebenso sind die heutigen Sorgen mit ähnlichen Eigenschaften ausgestattet.
Zinsen bringen Aktienmärkte nicht zu Fall
So bereiten vielen Anlegern vor allem die langfristigen Zinsen in den USA Sorgen. Mit dem Anstieg der Renditen für 10-jährige Staatsanleihen auf mehr als fünf Prozent in den USA – zum ersten Mal seit 2007 – werden Erinnerungen an Schulden- und Finanzkrisen laut. Auch wenn es keinen Zusammenhang zu der Situation 2007 bis 2009 gibt und die damaligen Zinsen die Krise nicht auslösten, werden schnell mediale Vergleiche erstellt. Andere Beobachter behaupten, Zinsen von fünf Prozent seien ein Problem für Aktienmärkte. Doch zum einen sind fünf Prozent im historischen Vergleich niedrig, zum anderen existiert kein Zusammenhang zwischen der Rendite der Aktienmärkte und hohen oder niedrigen Zinsen.
Ironie des Marktrückgangs
Ähnliche Aussagen lassen sich bezüglich des Kriegs in Israel mit der Hamas treffen. Während die tragischen Entwicklungen global nur geringe wirtschaftliche Signifikanz aufweisen, sorgen die Unsicherheit der israelischen Reaktion und die potentiellen Folgen für Unruhe. Doch diese sind begrenzt. Und Aktien bewerten letztendlich die Auswirkungen von Ereignissen auf die erwarteten Gewinne der kommenden 3 bis 30 Monate.
Die Ironie der aktuellen Marktbewegung besteht darin, dass sie exakt in der Phase kommt, in welcher die Daten die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft beweisen. In der vergangenen Woche überraschte das Bruttoinlandsprodukt der USA besonders positiv. Die Einkaufsmanagerindizes für Oktober zeigen für die USA Expansion an. Die globale Inflation verlangsamt sich. China verzeichnete trotz Problemen im Immobilienmarkt ein überraschend hohes Wachstum von 4,9 Prozent. Die Überraschungen sind positiv, global und breit gestreut.
Fazit: Der aktuelle Rückgang signalisiert eine frühe Korrektur im jungen Bullenmarkt: schwierig auszuhalten, emotionsgetrieben und kurzfristig. Fundamental wird die Welt von einer Rückkehr zur wirtschaftlichen Normalität positiv überrascht. Solche Phasen bedeuten keinen langfristigen Rückgang und der Versuch des Timings würde insbesondere in dieser Zeit die langfristigen, marktgerechten Renditen gefährden. Daher feiern Sie die Rückkehr zur fundamentalen Normalität und konzentrieren Sie sich auf die übergeordneten Trends. Diese sind positiv.
Fragen zum Beitrag beantworte ich gerne per E-Mail an feedback@gruener-fisher.de.
Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.