Von Thomas Grüner
Kurz vor Ablauf des Countdowns für einen möglichen Regierungsstillstand in den USA deutet sich eine vorläufige Lösung an. Der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, versuchte, die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Republikaner mit einem zweistufigen Finanzierungsgesetz zu überbrücken. Das Repräsentantenhaus stimmte mit mehr als der erforderlichen Zweidrittelmehrheit für diesen Übergangshaushalt und die Hängepartie scheint vorerst beendet. Die Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen hat dennoch Spekulationen über mögliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Märkte ausgelöst.
Es ist wichtig zu beachten, dass vergangene US-Regierungsstillstände nicht zwangsläufig zu Rezessionen oder Börsenrückgängen geführt haben. In der Regel erholen sich die Aktienmärkte schnell nach einem Shutdown. Auch wenn Unsicherheit und Schwankungen in den Renditen auftreten können, sind diese oft von kurzer Dauer. Ein Blick auf historische Muster zeigt, dass die Befürchtungen im Vorfeld von politischen Ereignissen oft übertrieben sind.
Manchin is out
Ein weiterer politischer Schnitt ist die Ankündigung des demokratischen Senators Joe Manchin aus West Virginia, im November nicht zur Wiederwahl anzutreten. Sein möglicher Wechsel zur überparteilichen No-Labels Gruppierung löst Spekulationen über die Auswirkungen auf das Präsidentschaftsrennen aus. Die Chancen für einen republikanischen Gewinn des Senatssitzes in West Virginia steigen, auch da der Staat in der Vergangenheit tendenziell republikanisch gewählt hat. Gleichzeitig wirft Manchins Rückzug Fragen zur Mehrheit der Demokraten im Senat auf, die bereits durch innerparteiliche Spaltungen gefährdet ist. Die Wahlaussichten der Demokraten könnten beeinträchtigt werden, und der Kongress steht vor einer möglichen Blockade, unabhängig vom Wahlausgang im Jahr 2024.
Das sind eher gute Nachrichten: Für Aktien bedeuten politische Inaktivität und geringeres legislatives Risiko oft eine Erleichterung und können zu steigenden Kursen führen.
Positive Uneinigkeit
Ein Blick auf Großbritannien zeigt ebenfalls politische Turbulenzen. Premierminister Rishi Sunak hat sein Kabinett umgebildet, wobei die Entlassung von Innenministerin Suella Braverman und die Ernennung von Ex-Premierminister David Cameron für Diskussionen sorgen. Camerons Rückkehr in die Politik wirft Fragen zur Ausrichtung der Konservativen und möglichen Auswirkungen auf die Wahlen im Jahr 2025 auf.
Die politische Uneinigkeit und interne Spaltung könnten zu einem anhaltenden Stillstand in der britischen Politik führen. Obwohl politischer Stillstand oft Frustration auslöst, sehen die Märkte dies häufig als stabilisierenden Faktor. Eine weniger aktive Regierung bedeutet oft geringeres Risiko und Unsicherheit, was Unternehmen ermutigt, zu investieren und langfristig zu planen.
Fazit: Politischer Stillstand ärgert die Menschen und das ist verständlich. Warum Politiker belohnen, wenn sie nichts umsetzen? Aktienmärkte haben darauf jedoch einen anderen Blickwinkel. Für sie bedeutet eine aktive Regierung mehr Risiko und mehr Unsicherheit, was Investitionen verzögert, während risikoscheue Unternehmen abwarten, um zu sehen, wer die Gewinner und Verlierer sein werden.
Es sieht so aus, als würde Großbritannien seinen Stillstand bis mindestens 2024 beibehalten, parallel zum Stillstand in den USA, der in Wahljahren vorherrscht. Zumindest politisch gesehen dürfte das weiteren Rückenwind für Aktien bedeuten – besonders in den Industrieländern.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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