Von Bernd Niquet
Wie die Zeiten sich ändern – und auch nicht. Es war einmal ein Kabarettscherz in der Zeit der größten Aufregung über Donald Trump, die Vorabendsendung „Börse vor acht“ in der ARD durch eine weitere Sendung „Trump vor acht“ zu ergänzen.
Jetzt jedoch hat ein Kolumnist in der Berliner Tagesszeitung „Der Tagesspiegel“ im Ernst dafür plädiert, „Börse vor acht“ durch eine Sendung „Klima vor acht“ zu ersetzen. Weil: „Klima, das sind wir, das geht – anders als Börse – uns alle an.“
Oh je. Es wird bestimmt nicht lange dauern, so tippe ich, dann wird sich „Der Tagesspiegel“ in „Der Klimaspiegel“ umbenennen.
Und bei Corona geht die ganze Scheiße jetzt wieder von vorne los. Es ist kaum noch zu ertragen. Merde!, sagt dazu der Franzose und würgt erkennbar. Was für merkwürdige Zeiten das heute sind, oder etwa nicht?
Doch zurück zum Klima. Da scheint ja doch alles gar nicht so glasklar zu sein, wie das immer scheint, wird mir jetzt klar. Ich freue mich daher, in meiner Zeitung „Welt“ mit dem studierten Geologen Axel Bojanowski einen Spezialisten zu finden, der ein Diplom über Klimaforschung besitzt.
Doch auch die Unsicherheit aller Klimaprognosen tut natürlich den antidemokratischen Forderungen der grünen Kanzlerkandidatin nach einem Klimaministerium mit Vetorecht bei jeder Geldausgabe auch aller anderen Ministerien keinen Abbruch. Doch was hat Frau Baerbock noch einmal für eine Ausbildung?
Und „Fridays For Future“ fordert jetzt, dass alle Parteiprogramme hinsichtlich des Klimas noch einmal überdacht werden müssen. Wann hat es das zum letzten Mal in der deutschen Geschichte gegeben, dass bei allen Parteien einheitliche Wahlprogramme eingefordert werden? Aber was haben die Mädels von FFF doch gleich für eine Ausbildung?
Der diplomierte Klimaforscher Bojanowski jedenfalls schreibt aus meiner Sicht sehr Interessantes. Er ist kein Heißsporn und scheint die Dinge gut gegeneinander abzuwägen. Ich erlaube mir einfach einmal, ein paar Dinge von ihm zu zitieren.
Denn wir müssen ja stets im Kopf behalten, niemand von uns ist auch nur ansatzweise in der Lage, die Modelle der Klimaforscher beurteilen zu können. Und die Klimaforscher haben natürlich auch alle ihre persönliche Mission, schon allein um genug Geld für weitere Forschungen herbeizuschaffen. Deswegen trage ich große Hoffnung in Journalisten mit Fachausbildung.
Bojanowski schreibt, der Weltklimarat (IPCC) lege in seinem neuen Bericht plausibel dar, dass sich die Menschheit wohl auf weitere zwei Grad Erwärmung einstellen muss, mit zunehmender Hitze, Gletscherschmelze und einem Meeresspiegelanstieg, der auf Jahrhunderte hinaus bedrohlich werden dürfte.
„Örtlich wird sich auch das Dürrerisiko verschärfen – wo genau, lässt sich mit Klimamodellen allerdings bislang meist nicht glaubwürdig klären. Gute Nachrichten verstecken sich zwischen den Zeilen. Dass Kältephasen weniger werden, bedeutet weniger Todesopfer – an extremer Kälte sterben bislang weitaus mehr Menschen als in Hitzewellen. Auch die prognostizierte Zunahme des Monsunregens in Asien ist eine frohe Botschaft, um die bevölkerungsreichste Region der Welt ernähren zu können.“
Auch diesmal besitze die Zusammenfassung des UN-Klimaberichts jedoch eine entscheidende Schlagseite: Der IPCC präsentiere extreme Klimaszenarien, die von Experten allerdings bereits als unrealistisch pessimistisch verworfen wurden. Damit diese Szenarien Wirklichkeit werden, „müsste sich die Konzentration von CO2 der Luft auf bis zu 1400 Teile pro eine Million Luftteile (ppm) erhöhen, sie müsste sich im Vergleich zu heute mehr als verdreifachen. Die Menschheit müsste die Kohleverfeuerung dauerhaft verfünffachen, aber auf solch eine Steigerung deutet nichts hin. Ob es überhaupt so viel Kohle in der Erde gibt, ist zweifelhaft.“
Bei ihrer Veröffentlichung schätzen die IPCC-Autoren jeweils sowohl die Wahrscheinlichkeit des Eintretens als auch die Gewissheit der Erkenntnis. Dabei habe sich wohl für die Prognosen des IPCC so etwas wie ein „mittleres Vertrauen“ ergeben, „was bedeutet, dass es Hinweise dafür gibt, die jedoch bislang nicht robust bestätigt werden konnten. Das Vorgehen demonstriert, wie groß die Unsicherheiten beim Klimawissen sind – am Ende entscheiden oft Expertenurteile, nicht die Naturwissenschaft mit ihren vermeintlich präzisen Daten.“
Und das heißt: „So bleibt neben den gravierenden Risiken der globalen Erwärmung die gruselige Erkenntnis des Unwissens.“ Und dieses „Unwissen über die Folgen der globalen Erwärmung sollte ebenfalls als bedeutendes Risiko angesehen werden.“
So habe ich das noch nie betrachtet, finde das aber klasse.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. SECHSTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2020, 621 Seiten, 22 Euro
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Bernd Niquet und seine Tagebücher: „Der wirkliche Donnerschlag kommt dann mit Verzögerung. Auch braucht mein Inneres einige Zeit, um ihn zu realisieren. Doch als die Dinge dann klar sind und in mir sacken, mache ich etwas, was ich vorher beim Tagebuchschreiben noch niemals gemacht habe. Ich unterstreiche die wichtigen Passagen nicht wie sonst mit meiner blauen Tinte, sondern mit schwarzem Filzstift. Einunddreißig Jahre schreibe ich mittlerweile Tagebuch, das zeigt die Dimension. Hinterher bin ich selbst erschrocken. Das Tagebuch sieht jetzt aus, als sei jemand gestorben. Und in meinem Inneren fühlt es sich auch tatsächlich so an.“
Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt in einem ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die vorangegangenen fünf Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2018 und 2019.
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