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Die vorläufige Republik

Donnerstag, 27. August 2020 um 17:13

Von Bernd Niquet

In der vergangenen Woche habe ich einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 bekommen. Er ist vom 21. August und nach § 165 der Abgabenordnung vorläufig. Er ersetzt den Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 25. Juni dieses Jahres, der ebenfalls vorläufig gewesen ist.

Wenn ich nicht wüsste, dass mir hier niemand einen dummen Streich spielt, würde ich genau daran glauben.

Von dem Kleingedruckten über vier Seiten verstehe ich kaum etwas. Ich sehe aber, dass die Vorläufigkeit unter anderem auf der noch nicht gefallenen Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags von 1995 beruht sowie auf der ebenfalls noch höchstrichterlich ausstehenden über die Höhe des Zinssatzes für verspätete Zahlungen.

Ich bin ja im Grunde genommen überzeugt von unserer Demokratie und dem Rechtsstaat, doch ich denke, die Monty Pythons hätten das sicherlich besser hingekriegt.

Seit 25 Jahren haben wir jetzt bereits den Solidaritätszuschlag, doch ob er verfassungsmäßig ist, wissen wir immer anscheinend noch nicht. Aha. Gerne würde ich einmal wissen, was wäre, wenn der Solidaritätszuschlag nicht verfassungsmäßig wäre. Müssten wir dann wie beim Monopoly wieder zurück auf Los? Würden dann alle Lohn- und Steuerrechnungen der vergangenen 25 Jahre neu berechnet werden müssen? Und was ist dann mit den Leuten, die zwischenzeitlich gestorben sind?

Ich überlege mir auch, wie lange wohl Jeff Bezos brauchen wird, um zu entscheiden, wie hoch der Zinssatz für säumige Schuldner bei Amazon ist? 10 Sekunden, 20 Sekunden, gar eine ganze Minute? Unser Rechtsstaat braucht dafür jedoch Jahre oder Jahrzehnte.

Und nehmen wir einmal die richtig großen Steuerthemen in den multinationalen Unternehmen: Wie kann man eigentlich wirtschaftlich effiziente Entscheidungen fällen, wenn alle Steuern nur vorläufig sind und niemand weiß, wieviel er im Endeffekt wirklich bezahlen muss?

Und es geht ja noch weiter. Wie geht es denn dem Vergewaltigungsopfer, bei dem das Urteil und damit das Wegsperren des Täters auf Dauer vorläufig ist, weil dieser immer wieder Einspruch einlegen und Revision oder Wiederaufnahme beantragen kann, bis er ohnehin vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wird? Kommt das Opfer da jemals zur Ruhe? W.C., wohl kaum.

Von der Mietbremse in Berlin will ich gar nicht sprechen, bei dem die Vermieter mittlerweile stets Schattenpreise in die Mietverträge schreiben, die in der Regel die doppelte Höhe des von der Mietpreisbremse festgeschriebenen Mietzinses ausmachen. Da wird also irgendwann im Jahr 2025 oder noch später ein Gericht entscheiden, ob die Mieter ihre bereits gezahlten Mieten noch einmal überweisen müssen oder nicht. Das alles ist doch ein Wahnsinn.

Natürlich muss es ordentliche Gerichtsverfahren geben mit der Möglichkeit von Einspruch und Revision. Doch wenn dadurch ein ganzes Land in den Zustand der Vorläufigkeit versetzt wird, dann zerstört der Rechtsstaat damit genau das, was er eigentlich zu schützen vorgibt.

Dann könnten wir ja auch gleich unsere Polizisten und sonstigen Bewahrer der letzten Verlässlichkeiten der öffentlichen Ordnung schutzlos den Räubern, Extremisten und Randalieren da draußen auf den Straßen in unserem Land ausliefern. Aber das würde doch kein vernünftiger Staat tun.

Nein, das würde eine rationale Regierung niemals mit dem ihr anvertrauten Staatsgebilde machen. Niemals! Denn dann hätte sie ja ebenso wie dieser nur vorläufigen Charakter. Und das kann und wird nicht passieren.

So sagt es jedenfalls die Theorie.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro

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Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.

»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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