Von Armin Brack
Wie ein Damoklesschwert hängt die europäische Schuldenkrise über den Börsen. Und die Probleme im Euroraum werden die Stimmung weiter belasten, bis eine dauerhafte Lösung gefunden wird.
Ob diese aber überhaupt gefunden werden kann, da bin ich mir nicht sicher, wenn ich mir die handelnden Politiker im In- und Ausland so anschaue.
Bundeskanzlerin Angela Merkel, die strengere Kontrollen der nationalen Finanzen und mehr Durchgriffsrechte wollte, wenn Haushaltsregeln verletzt werden, wurde auf dem EU-Gipfel in Brüssel von Italien und Spanien erpresst.
Italiens Ministerpräsident Mario Monti warnte, wenn seine Landsleute entmutigt würden – sprich: falls es nicht bald neue Hilfssignale aus Deutschland gebe –, könnte dies „politische Kräfte“ freisetzen, die die europäische Integration und den Euro „zur Hölle fahren lassen“.
Was passierte? Merkel knickt ein: Italien und Spanien erhalten nun EU-Hilfe ohne Auflage. Ein Armutszeugnis und ein Anschlag auf alle, die versuchen, sauber zu wirtschaften. An den Börsen wurden die Beschlüsse von Brüssel zwar zunächst gefeiert – der Dax verbuchte den größten Kurssprung seit Januar – doch ich glaube nicht, dass die positive Stimmung lange anhält.
Was sollten Anleger tun in der derzeitigen Situation? Den Aktienmärkten erst einmal den Rücken kehren und lieber doch auf das Sparbuch setzen?
Es gibt eine andere Variante, die immer mehr Zulauf bekommt: Wer mit Risikobremse wenigstens zum Teil die Chancen an den Börsen nutzen will, kann bei Fonds oder Zertifikaten mit Kapitalschutz fündig werden und das Risiko auf ein einigermaßen erträgliches Maß reduzieren. So jedenfalls lautet das Versprechen der Branche.
Inzwischen werden rund 200 Produkte angeboten, die angeblich ganz oder teilweise vor Verlusten geschützt sind. Gleichgültig, welche Kapriolen die Börse schlägt. Immer mehr risikoaverse Anleger flüchteten in den vergangenen zwölf Monaten wegen der Verschärfung der wirtschaftlichen Situation im Euroraum bereits aus den klassischen Aktienfonds. Zuflüsse verzeichneten lediglich Geldmarkt- und Bond-Fonds sowie mit Abstrichen einige wenige Mischfonds.
Dagegen werden risikoärmere Produkte stark nachgefragt: Laut aktuellen Angaben des Branchenverbandes BVI hielten Anleger per Ende April 2012 etwa 32 Milliarden Euro in wertgesicherten Publikumsfondsanteilen.
Vor- und Nachteile
Wie diese „Garantie“ erreicht wird beziehungsweise wie sicher diese Fonds wirklich sind, will ich kurz erläutern:
Grundsätzlich sind Garantiefonds reine Investmentfonds, die am Ende der festgesetzten Vertragslaufzeit entweder mindestens die Rückzahlung des ursprünglich eingezahlten Anlagebetrages, eines bestimmten Prozentsatzes davon oder aber zwischenzeitlich erreichte Höchststände garantieren.
Durch die Anwendung entsprechender Options- oder Absicherungsstrategien wird das Kursrisiko der Märkte begrenzt. Eine einfache Form der Absicherungsstrategie kommt auch bei Zertifikaten oder Optionsscheinen zum Tragen. So werden beispielsweise „sichere“ Staatsanleihen zu einem bestimmten Prozentsatz ergänzt durch einen „aggressiven“ Anteil.
Dies sind zumeist Call-Optionen auf denselben Basiswert, also etwa ein Dax-Call, der deutlich an Wert gewinnt, wenn der Index steigt und damit auch den Wert des gesamten Fonds nach oben schiebt.
Sinkt der Basiswert deutlich, dann kann die Option wertlos verfallen. Auch das passiert leider nicht selten. Die Zinseinnahmen aus dem Anleiheanteil reichen dann aber meist aus, um den Fondswert zu erhalten. Der Anleger erhält seinen vollen Einsatz zurück, mehr aber auch nicht.
Das Beispiel des frisch aufgelegten Garantiefonds UniGarantExtra: Deutschland (2019) von Union Investment zeigt die wichtigsten Vor- und Nachteile.
Der Fonds garantiert seinen Anlegern zum Laufzeitende am 22. März 2019 den ersten Anteilwert von 100 Euro (ohne Ausgabeaufschlag und Depotkosten sowie abzüglich etwaiger Ausschüttungen und Steuerabzüge).
Gleichzeitig ermöglicht der Fonds die Partizipation an der Wertentwicklung eines Aktienindex auf deutsche Unternehmen. Dabei wird vierteljährlich an einem Stichtag der Indexwert festgestellt und aus diesem ein Durchschnitt gebildet, durch den Kursschwankungen abgemildert werden.
Wie einige andere Fonds arbeitet der UniGarantExtra: Deutschland (2019) mit einer sogenannten Höchststandssicherung: In regelmäßigen Abständen wird überprüft, ob der Anteilswert einen neuen Höchststand erreicht hat. Ist dies der Fall, wird garantiert, dass am Laufzeitende mindestens dieser Betrag ausgezahlt wird.
Die Beteiligung an der Entwicklung des höchsten Durchschnittswertes bestimmt sich über die sogenannte Partizipationsrate, die stark von den Marktbedingungen zum Auflegungsdatum abhängig ist.
Seit gut drei Monaten auf dem Markt hat der Fonds bereits knapp 2 Prozent an Wert verloren. Der Anleger des UniGarantExtra: Deutschland (2019) ist zwar vor Verlusten geschützt, nicht aber vor Gebühren wie beispielsweise den Ausgabeaufschlag – auch als Agio bezeichnet.
Dazu kommt die Bindung von sieben Jahren bis 2019 an den Fonds. Wer seine Anteile vorher verkauft, verliert die Garantie. Feste Laufzeiten weist übrigens das Gros der Garantie-Fonds auf. Das bedeutet: Nur am Ende der jeweiligen Laufzeit greift der Anspruch auf eine verlustfreie Rückzahlung.
Ein paar Sätze noch zu den Garantie-Zertifikaten, die ausgenommen vom Emittenten-Risiko, ähnlich funktionieren wie Fondsprodukte: Die Mehrzahl ist mit einer Laufzeit von mehreren Jahren ausgestattet. Auch hier ist die Rückzahlung in den meisten Fällen zu 100 Prozent des Startpreises garantiert.
Fällt der Basiswert des Zertifikates, in der Regel ein Index, unter das vorher definierte Ausgangsniveau, zeigt sich das Zertifikat auch hier immun. Steigt der Basiswert, steigt auch der Wert des Zertifikates.
Das hört sich erst einmal gut an, klappt so aber meist nur in der Theorie. Praktisch profitiert von den Garantie-Zertifikaten meist nur die Bank, die das Zertifikat herausgibt. Vor allem die hohen Kosten, die auf den Zertifikaten lasten, sichern dem Emittenten die Einnahmen.
Nullsummenspiel für Anleger
Für Anleger endet der Einstieg darum auch oft als sehr unbefriedigendes Nullsummenspiel. Jedenfalls kenne ich nur wenige Garantie-Zertifikate, bei denen man nach einer mehrjährigen Laufzeit mit deutlich mehr da stand als mit dem unverzinsten Ausgangskapital.
Es mag spektakuläre Ausreißer geben. Wenn man mir Beispiele nennen kann, werde ich mein Urteil gerne noch einmal überprüfen. Ich bin aber sicher, dass es nicht soweit kommt.
Ungeachtet dessen sollte sowohl bei den Garantiefonds als noch mehr bei Zertifikaten der Verkaufsprospekt eine Pflichtlektüre für jeden Interessenten sein. Das genaue Lesen des Kleingedruckten kann große böse Überraschungen vermeiden helfen, vor allem was die Kostenfrage anbelangt.
Fazit: Garantiefonds und erst recht Garantiezertifikate kommen nur für stark sicherheitsbewusste Investoren in Frage. Sie schmälern die Renditechancen. Und wenn man nach einer mehrjährigen Laufzeit nur das eingesetzte Kapital zurückerhält, bedeutet das sogar einen realen Verlust.
Wer sich die Mühe macht und die Renditen von Garantiefonds und Garantiezertifikaten ausrechnet und diese dann mit einem passend zusammengestellten Garantiedepot vergleicht, wird zu dem Ergebnis kommen: Ein einfacher Mix aus Aktien und Zinspapieren bringt in den meisten Fällen sogar mehr ein. Selbst in aktuellen schwierigen Börsenzeiten.
Bei Garantie-Zertifikaten ist noch mehr als bei Fonds die Bonität des jeweiligen Emittenten ein wichtiges Kriterium. Auf der Internet-Seite des Derivate-Verbands (DDV) kann man sich mittels „Risikomonitor“ für in Deutschland gehandelte Produkte informieren lassen, wenn sich die Bonität verändert.
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