Von Armin Brack
Die großen Sportereignisse des Jahres – Fußball-EM und Olympia – werden nicht nur auf dem Platz, sondern auch am Ladentisch entschieden. Die Giganten Adidas und Nike führen einen beinharten Kampf um die Fans. Obwohl die beiden weltgrößten Ausrüster die großen Profiteure der Spiele sind, gleichgültig welche Nation oder welcher Sportler am Ende jubelt, taugen die Sieger-Aktien nicht (mehr) für die kurzfristige Geldanlage.
Bei der Fußball-EM in Polen und der Ukraine sind inzwischen die Halbfinals angesetzt. Wer schießt sich in den Euro-Fußball-Himmel? Noch ist alles offen. Doch welches Team am Ende auch die Nase vorn hat und den Pokal in Händen hält: Neben Ausrichter UEFA werden sich auch Adidas, Nike und mit Abstrichen Puma die Hände reiben. Sie profitieren von dem Run auf ihre Produkte, vom steigenden Umsatz, angefeuert durch weltweite Vermarktung des Fußball-Großereignisses.
Die besten Karten, bei der EM zu triumphieren, hat Adidas. Das Herzogenauracher Unternehmen ist offizieller Partner des Fußball-Spektakels, stellt den Spielball und ist zudem Ausrüster der favorisierten deutschen Kicker und von Titelverteidiger Spanien.
Nike wiederum darf sich bei der anstehenden Olympiade in London Chancen ausrechnen, nach den Finals mehr Goldmedaillen-Gewinner im Portefeuille zu haben. Allerdings hat Olympia per se keinen so großen kommerziellen Effekt, stellt im Grunde nur eine Plattform für die Produkte der Sportartikelhersteller dar.
Zwar definieren sich der US-Konzern und (Noch-)Marktführer – ebenso wie die Wettbewerber Puma und Adidas – ohnehin nicht über Großveranstaltungen wie Olympische Spiele und internationale Fußballmeisterschaften, doch räumte Nike-Chef Mark Parker in einem Interview lächelnd ein, diese Ereignisse sind „Momente, die wir lieben“.
So buttern die Unternehmen Jahr für Jahr Millionen ins Marketing. Vor allem in den Fußball. Allein die 16 EM-Teilnehmer kassieren 190 Millionen Euro im Jahr dafür, dass sie mit dem Logo des Herstellers auflaufen.
Großverdiener ist der Deutsche Fußball Bund, der von Ausrüster Adidas 25 Millionen Euro pro Jahr erhält – und man hätte locker doppelt so viel kassieren können. Konkurrent Nike bot dem DFB 2011 kolportierte 500 Millionen Euro für acht Jahre. Der verlängerte jedoch – auch aus Traditionsgründen – lieber mit Adidas.
Auch an die Spieler fließen jede Menge Euro. Während die Trikots Sache der Verbände sind, können die Spieler ihre bunten Schuhe selbst vermarkten. Bis zu 6 Millionen Euro im Jahr kassieren Bayern-Stars wie Bastian Schweinsteiger, Franck Ribery oder Philipp Lahm von den Herstellern.
Rubel rollt
Vor allem jetzt, kurz vorm EM-Finale, macht sich das bezahlt: Die Kassen klingeln. Adidas Vorstands-Chef Herbert Hainer verkündete in Warschau, in diesem Jahr rund 1,6 Milliarden Euro Umsatz allein mit Fußballartikeln zu machen – dank des EM-Schubs. Damit würde der Konzern seine alte Bestmarke aus dem Fußball-Weltmeisterschaftsjahr 2010 (1,5 Milliarden Euro Umsatz) übertreffen. 2008, dem vorangegangenen Europameisterschaftsjahr, lag der Fußball-Umsatz noch bei 1,3 Milliarden Euro.
Trikots und Fußbälle sind die wichtigsten Verkaufsschlager. Das aktuelle Leibchen der deutschen Mannschaft verkaufte sich bis heute mehr als eine Million Mal. Zudem gingen mehr als sieben Millionen „Tango 12“-Spielbälle über die Ladentheken.
Mit Hilfe von EM und der kommenden Sommer-Olympiade will Adidas den Abstand zum Weltmarktführer Nike nachhaltig verringern. Im vergangenen Jahr setzte Nike mit 16 Milliarden Euro gut 3 Milliarden mehr um als Adidas. Der Abstand könnte 2012 auf 1,5 Milliarden schrumpfen, meinen Experten. In beiden Gastgeberländern der EM ist Adidas bereits erfolgreicher. In Polen konnte Nike im Fußball-Geschäft die Marktführerschaft weggeschnappt werden. In der Ukraine haben sich die Fußball-Umsätze verdoppelt.
Was für Adidas spricht: Die Deutschen wachsen schneller als die US-Konkurrenz, verbuchten im 1. Quartal 2012 einen Umsatzanstieg um 17 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro (Nike: +15 Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar / Analystenerwartungen leicht übertroffen). Die operative Marge verbesserte sich um 1,1 Prozentpunkte auf 10,7 Prozent, so dass das Betriebsergebnis deutlich überproportional zum Umsatz um 30 Prozent auf 409 Millionen Euro anstieg.
Adidas kalkuliert aufgrund der Sonderkonjunktur für die gesamte Rechnungsperiode offiziell nun mit einem Plus von rund 10 Prozent (vorher: Anstieg im mittleren bis hohen einstelligen Bereich) und einer Verbesserung des auf die Anteilseigner entfallenden Gewinns von 12 bis 17 Prozent (vorher: 10 bis 15 Prozent).
Inoffiziell sind die Erwartungen sogar noch optimistischer, habe ich läuten hören.
Die Probleme mit der US-Tochter Reebok, jüngste Unregelmäßigkeiten bei Reebok India schon eingeschlossen, sind zwar weiterhin nicht gelöst – der einstige Konkurrent war 2006 für gut 3 Milliarden Euro übernommen worden – können Adidas aber offenbar nicht aufhalten.
Doch Nike sollte keineswegs unterschätzt werden: Trotz der Rezession in Teilen Europas und der schwachen US-Konjunktur ist der Konzern auch in diesen Märkten deutlich gewachsen. Adidas-Chef Hainer weiß genau um die Stärke des US-Mitbewerbers: „Nike ist kein übermächtiger, aber mindestens ein gleichwertiger Gegner.“
Skeptisch sehen die meisten Beobachter Puma. Das Unternehmen enttäuschte im ersten Quartal. Der Nettoertrag fiel um 5 Prozent auf 74 Millionen Euro. Auch die EM dürfte den Absatz nur geringfügig steigern helfen. Das Unternehmen selbst versucht es mit Durchhalteparolen: Um jeweils knapp 10 Prozent soll der Gesamtumsatz in diesem und im nächsten Jahr wachsen, nachdem er 2011 um 11 Prozent auf 3,01 Milliarden Euro gestiegen war.
Der französische Luxusgüterkonzern Pinault-Printemps-Redoute (PPR), der Puma mehrheitlich kontrolliert, wird die weitere Entwicklung genau beobachten. Freuen wird ihn, dass Puma wenigstens die wichtige Rohertragsmarge mit 49,6 Prozent nahezu stabil halten konnte.
Zurück zu Adidas und Nike: Trotz guter Zahlen und obwohl die EM noch läuft und die Olympiade erst noch bevorsteht, kann ich Anlegern derzeit keinen Aktienkauf empfehlen. Dafür war der Hype schon im Vorfeld zu groß. Es ist wie bei jedem Großereignis: Ist das Event einmal in allen Köpfen, sind Anleger, die von der Sonderkonjunktur durch die Großveranstaltungen profitieren möchten, bereits zu spät dran.
Die Effekte der Fußball-EM und der Olympischen Spiele sind in den Zahlen und im jeweiligen Aktienkurs bereits eingepreist. Kurzfristige Schnäppchen mit den Anteilen sind in den nächsten Wochen kaum mehr zu erwarten.
Das Beispiel der Adidas-Aktie belegt dies: Sie notierte vor sechs Monaten bei 48 Euro und liegt momentan bei rund 57 Euro. Anfang Mai stand das Papier jedoch schon über 64 Euro. Es geht also trotz laufender EM wieder leicht abwärts.
Der von leichten „Zacken“ begleiteten Kurszuwachs, wie ihn die Adidas-Aktie in den zurückliegenden sechs Monaten verbuchte, ist ähnlich bei den Nike-Aktien zu beobachten. Auch hier ist das Jahreshoch schon wieder Vergangenheit.
Fazit: Sowohl Adidas als auch Nike profitieren stark von den Sportevents des Jahres 2012. Umsätze und Gewinne steigen, die Aussichten auch für das kommende Jahr sind gut. Dennoch sind kurzfristig (auf Sicht von drei Monaten) keine großen Kurssprünge mehr zu erwarten. Der Kurs-Zenit scheint erst einmal überschritten. Das gilt auch für Puma-Titel.
Längerfristig ist allerdings noch einiges von den großen Sportartikel-Ausrüstern zu erwarten. Vor allem Adidas und Nike sind moderat bewertet. Die Titel verfügen also durchaus noch über Bewertungsspielraum nach oben. Nach der aktuell laufenden Konsolidierungsphase könnte der Aufwärtstrend sich somit fortsetzen.
Der Adidas-Konzern, der jetzt schon Europa, Russland und Asien Branchenführer ist, muss dafür allerdings Marktanteile in den USA gewinnen, sonst schmälert das das potenzielle Gewinnwachstum.
Alles in allem könnte es sich lohnen, bei Adidas und Nike einen langen Atem zu zeigen. Das war schon in der Vergangenheit die richtige Strategie: Ende 2008 hatte der Adidas-Kurs nur rund 21 Euro betragen, rund 36 Euro weniger als die Aktie heute kostet. Die Nike-Papiere haben sich seit 2003 sogar fast vervierfacht.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Report.
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