Von Armin Brack
Lehmann-Pleite, Euro-Krise, Bankensterben: Verluste am Kapitalmarkt sind angesichts solcher Vorgaben kaum zu verhindern. Doch man kann sie unter bestimmten Umständen zum Sparen von Steuern nutzen. Vorausgesetzt man kennt die Fallstricke, die der Fiskus legt und hält die Fristen ein.
Der Countdown läuft, auch wenn Ende 2013 noch so weit weg scheint: Wer Altverluste aus der Zeit vor der Einführung der Abgeltungssteuer (01.01.2009) vor sich herschiebt, muss jetzt schon aktiv werden, um die ungeliebte Abgabe zu umschiffen.
Denn wer nach der vom Fiskus gewährten Frist noch ungenutzte Verluste aus Aktien-, Fonds- oder Zertifikate-Verkäufen, aber auch aus Edelmetallen und Immobilien im Depot hat, der verliert bares Geld. Grund: Nur Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 Einkommensteuer-Gesetz (EStG) können dann noch mit Altverlusten verrechnet werden.
Dies wäre beispielsweise ein Gewinn aus dem Verkauf eines nicht selbst genutzten Hauses oder der Eigentums-Wohnung innerhalb der gesetzlichen Spekulationsfrist von zehn Jahren. Wer damit nicht aufwarten kann, wird sich ärgern, nicht rechtzeitig gegengesteuert zu haben.
Auf Besonderheiten achten
Damit die Verluste nicht verfallen, müssen aber noch einige Besonderheiten beachtet werden. Zwischen Kauf und Verkauf darf zum Beispiel maximal ein Jahr gelegen haben. Dies entspricht der Spekulationsfrist, die ebenfalls der neuen gesetzlichen Regelung zum Opfer gefallen ist. Die entstandenen Verluste mussten zudem in der Steuererklärung (2008 beziehungsweise auch 2009) angegeben worden sein und ein "Verlustfeststellungsbescheid" vom Finanzamt muss vorliegen.
Trifft das alles zu, ist folgender Fall denkbar: Ein Anleger, der im Frühjahr 2008 Aktien zu 10.000 Euro gekauft hat und sie im Herbst des gleichen Jahres mit einem Verlust von 3.000 Euro wieder verkauft hat, kann diesen Verlust beispielsweise mit Gewinnen aus einem Aktienfonds verrechnen, in den er im Jahr 2009 ebenfalls 10.000 Euro investiert hat.
Angenommen, die Fondsanteile sind Ende 2012 rund 12.000 Euro wert. Um sie im Veranlagungsjahr 2012 steuerfrei vereinnahmen zu können, muss der Fonds verkauft werden. Dabei sind zunächst 500 Euro Abgeltungssteuer auf den Gewinn von 2.000 Euro zu zahlen (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer bleiben unberücksichtigt). Durch Verrechnung mit den Altverlusten erhält der Anleger die gezahlte Steuer mit dem Steuerbescheid für 2012 zurück.
Wichtig: Für die Verlustverrechnung bietet sich naturgemäß nur ein Steuerjahr an, in dem die Wertpapiergewinne nach der Verrechnung mit etwaigen neuen Verlusten den Sparerfreibetrag von 801 beziehungsweise 1.602 Euro (bei Ehegatten) überhaupt übersteigen. Das Problem: Wer kann heute schon sagen, ob und wann das Depot Überschüsse abliefert?
Gewinne "erzeugen"
Da muss ein Trick her: Gewinne müssen „erzeugt“ werden. Natürlich legal, in dem jetzt in bestimmte Aktienwerte, Anleihen oder Fonds eingestiegen wird, die spätestens in zwei Jahren anrechenbare Kursgewinne abwerfen.
Eine attraktive Variante, bei der sich ein eventueller Gewinn zumindest zeitlich festlegen lässt, sind Zerobonds. Bei dieser Art der Anleihe kann der Anleger am Ende der Laufzeit die aufsummierten Zinsen auf einen Schlag kassieren.
Steuerlich gelten diese als Veräußerungsgewinne aus einer Kapitalanlage. Der Anleger kassiert am Ende der Laufzeit die bis dahin angesammelten Zinsen in einer Summe. Ähnlich den Zerobonds, können auch bei abgezinsten Sparbriefen die aufgelaufenen Zinsen bei Auszahlung dem Kaufpreis hinzugerechnet werden. Schließlich eignen sich auch Bundesschatzbriefe Typ B, um erwirtschaftete Gewinne mit Altverlusten verrechnen zu lassen.
Auch mit herkömmlichen Staats- und Unternehmensanleihen ist diese Strategie machbar: Dabei muss der Anleger nur darauf achten, die Papiere vor dem Zinstermin wieder zu verkaufen. Die angehäuften Stückzinsen werden von der Bank als Teil des Verkaufspreises ausgewiesen und können so zur Verlustverrechnung genutzt werden.
Steuerfreie Dividenden
Sogar die Zahlung von Dividenden kann für die steuerliche Verrechnung genutzt werden – wenn diese nicht aus Gewinnen, sondern aus Kapitalrücklagen ausgeschüttet werden. Diese werden von der depotführenden Bank nämlich als Kursgewinne ausgewiesen, indem der Einstandspreis um die Ausschüttung nach unten korrigiert wird. Den Gewinn aus dem höheren Verkaufspreis der Aktie (mit einberechneter Dividende) kann der Anleger gegen die Altverluste verrechnen. Folge: Die Dividende bleibt im Nachhinein steuerfrei.
Gleichgültig für welche Anlageform man sich letztlich entscheidet, das Prozedere mit dem Fiskus ist immer das Gleiche. Die Verrechnung der Altverluste erfolgt regelmäßig über die Einkommensteuererklärung. Um dem Finanzbeamten zu signalisieren, dass die Altverluste genutzt werden sollen, ist in der Anlage KAP eine „1“ in der Zeile 59 einzutragen.
Die Verrechnung dieser Verluste ist aber nicht nur zeitlich beschränkt möglich, sondern außerdem auch nicht mit allen Gewinnen: Erträge aus Zinsen und Dividenden können nicht dazu verwendet werden, da dies auch in der früheren Regelung vor Einführung der Abgeltungssteuer nicht möglich war.
Noch ein Tipp: Für die Verrechnung von Altverlusten bietet sich natürlich nur ein Steuerjahr an, in dem die Wertpapiergewinne nach der Verrechnung mit etwaigen Neuverlusten überhaupt über dem Sparer-Pauschbetrag von 801 beziehungsweise 1.602 Euro (bei Ehepartnern) liegen.
Fazit: Wer bei einem Depot-Check herausfindet, dass er auf Altverlusten aus der Zeit bis Ende 2008 „sitzt“, sollte jetzt handeln, um noch etwas Geld vor dem Fiskus zu retten.
Altverluste können Stück für Stück verrechnet werden. Können alte Spekulationsverluste vom Fiskus nicht komplett mit steuerpflichtigen Gewinnen der Jahre ab 2009 verrechnet werden, werden sie in die Folgejahr vorgetragen.
Bei der separaten Verrechnung von Alt- und Neuverlusten sollte man die sogenannte "First-in-first-out"-Regel (Fifo) im Blick haben. Danach gilt: Bei der Verlustverrechnung haben Altverluste Vorrang vor neu entstandenen Verlusten.
Wer im Depot also noch gleiche Aktien oder Fondsanteile besitzt, die zum Teil vor 2009 und zum Teil danach gekauft wurden, muss also strategisch vorgehen: Beim Verkauf der Papiere unterstellt das Finanzamt, dass die zuerst gekauften (also "alten") Aktien oder Fonds-Stücke auch zuerst verkauft werden. Sollte also ein Teil dieser Wertpapiere nun mit Verlust verkauft werden, entsteht zunächst ein "Altverlust" – und der wiederum sollte bis Ende 2013 abgebaut werden.
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