Von Armin Brack
Seit mittlerweile fünf Jahren hat es hierzulande keinen Börsengang einer Biotech-Firma mehr gegeben. Ist die Branche am Ende? Im Gegenteil! Ihr geht es so gut wie lange nicht mehr. Umsatz, Forschungsausgaben und Anzahl der Beschäftigten sind gestiegen.
Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Biotechnologie-Report 2012 von Ernst & Young. Positiv auch: Immer mehr Unternehmen versuchen sich unabhängig vom nur noch dürftig fließenden Risikokapital zu machen.
Die deutsche Biotech-Branche leidet zwar nach wie vor unter erheblichen Finanzierungsproblemen, sagte Siegfried Bialojan, Studienautor und Leiter des Life Science Industriezentrums bei Ernst & Young. Doch gelinge es den Unternehmen zunehmend, operativ gute Ergebnisse vorzuweisen. So konnten die rund 400 Biotech-Firmen, die ihren Stammsitz in Deutschland haben, ihren Umsatz im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent auf 1,09 Milliarden Euro steigern.
Auch die Zahl der Beschäftigten kletterte um 4 Prozent auf rund 10.000. Ebenso wie die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) um 4 Prozent auf 783 Millionen Euro zulegten.
Dieser recht stabile Aufwärtstrend, der sich in diesen Zahlen niederschlägt, ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass der Geldzufluss sich in den vergangenen zwölf Monaten um 71 Prozent von 441 auf 130 Millionen Euro verringerte. Sogar im schlimmen Krisenjahr 2009 hatten Kapitalgeber mit 153 Millionen Euro mehr Geld in die Branche gesteckt.
In früheren Zeiten hätte das für die meisten der betroffenen Firmen das Aus bedeutet. Zu stark war die Abhängigkeit von den klassischen Risiko-Kapitalgebern, die sogenanntes Venture Capital (VC) zur Verfügung stellen. Nur zum Teil kann heute die Finanzierungslücke durch neue private Investoren geschlossen werden. Dazu gehörten unter anderem „Family Offices“, die große Privatvermögen verwalten, sowie Fonds und Stiftungen. Auch über Fördergelder des Bundes und der EU kommt etwas Geld in die Kasse.
Innovationen werden aus Cash Flow bezahlt
Das allein würde aber längst nicht reichen, wenn die große Mehrzahl der Unternehmen nicht recht erfolgreich ihr Geschäftsmodell umgestellt hätten. Statt auf die teure Erforschung von Wirkstoffen zu setzen, konzentrierten sie sich zum Beispiel stärker auf Entwicklungen im Diagnostikbereich und auf Dienstleistungen, sagt Studienleiter Bialojan. 2011 hatte dieser Trend noch keine spürbaren Auswirkungen, die Zahl der Erfolg versprechenden Wirkstoffe in der Medikamentenentwicklung sank nur minimal von 304 auf 301.
Auch für die nahe Zukunft (12 bis 36 Monate) sieht es auf dem Medikamenten-Markt positiv aus: In der aus Wertschöpfungssicht wichtigen klinischen Prüfung – also in den Phasen I bis III – befinden sich derzeit mit 143 Wirkstoffen geringfügig weniger Projekte als im Vorjahr (144). Im europäischen Vergleich hat der Biotech-Sektor in Deutschland mit 142 Projekten in den Phasen I-III die am zweitstärksten gefüllte Entwicklungspipeline – hinter der britischen Branche mit 218 Wirkstoffen.
Und 2011 wurde sogar erstmals seit zwei Jahren wieder ein neues Mittel einer deutschen Biotech-Firma – ein Hautkrebs-Präparat der Leverkusener Biofrontera – von der EU-Kommission zur Vermarktung freigegeben.
Also alles gut? Nicht ganz: Denn wenn der Rückzug aus der Wirkstoff-Erforschung 2012 weiter anhält, sollte es schwer fallen, die Innovationsdynamik beizubehalten.
Dann aber wird es noch komplizierter, wieder mehr Kapital privater, risikobereiter Investoren zu generieren. Doch nur wenn das gelingt, gibt es eine kleine Chance von den heute schier übermächtigen US-Konkurrenten nicht „überfahren“ oder geschluckt zu werden.
Ein Zahlen-Vergleich, der für sich spricht und zeigt, dass es sich um ein europäisches und kein rein-deutsches Problem handelt:
Während in ganz Europa 2010 rund 2,85 Milliarden Euro in die Branche flossen, waren es 2011 gerade noch 2,05 Milliarden Euro.
Dagegen konnten die Biotech-Konzerne in den USA im vergangenen Jahr umgerechnet 29,8 Milliarden Euro einsammeln. 8 Milliarden Euro mehr als noch ein Jahr zuvor!
Bleiben wir positiv: Ein Unternehmen, das von deutschen Anlegern in den vergangenen Monaten neu entdeckt wurde und ein wenig von der Comeback-Stimmung verbreitet, die eventuell auch noch die ganze Branche erfassen kann, ist die Beteiligungsgesellschaft BB Biotech aus der Schweiz.
Noch im September des Vorjahres war das Papier unter die Marke von 40 Euro gesackt, seitdem kletterte die im TecDax notierte Aktie bis zu einem Höchststand von knapp 63 Euro.
Dank der fundamentalen Stärke des Biotech-Sektors sowie der eigenen Aktienauswahl im ersten Quartal 2012 konnte die BB Biotech-Aktie in Schweizer Franken 19,8 Prozent respektive 20,1 Prozent in Euro zulegen.
Laut Management sind dafür drei wichtige Performance-Treiber ursächlich: Erstens haben die Aufsichtsbehörden neue umsatzstarke Medikamente zugelassen, zweitens haben einige wichtige Unternehmen wegweisende Studienergebnisse publiziert und drittens waren Übernahmen mit signifikanten Prämien zu beobachten.
BB Biotech weist derzeit einen Investitionsgrad von mehr als 100 Prozent auf. Bisher hat das Management immer wieder nachgewiesen, dass es sehr strategisch vorzugehen weiß und einen guten Riecher hat, wenn es darum geht, frühzeitig Risiken zu erkennen. Wer diversifiziert in den Biotech-Sektor investieren will, sollte mit dem Titel gut fahren.
Fazit: Die Biotech-Branche gehört mit ihren Produkten zweifellos zu den innovativsten Leistungsträgern der Wirtschaft. Das trifft nicht nur auf die USA zu, sondern auch auf Deutschland. Viele Unternehmen scheinen attraktiv bewertet. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen zeigen aktuell eine relativ gesunde und stabile Entwicklung der hiesigen Biotech-Unternehmen.
Die Branche leidet jedoch nach wie vor unter erheblichen Finanzierungsproblemen. Frisches Geld wird aber dringend benötigt, um die kapitalintensive und langwierige Entwicklung von Produkten im Medizinbereich voranzutreiben und international konkurrenzfähig zu bleiben.
Darum würde ich nur mit Vorsicht in den Sektor investieren. Statt eines Fonds bietet sich die kostengünstigere Alternative der BB Biotech-Aktie an, die auch kurzfristig Kurspotenzial aufweist.
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