Von Wolfgang Braun
Als Anleger sollte man den Dauerpessimisten wenig Beachtung schenken. Wer jedes Jahr drei oder vier Mal vor einem Börsencrash warnt, muss zwangsläufig auch einmal richtig liegen. Weit mehr Gewicht hat dagegen die jüngste Warnung von Robert Shiller, der US-Aktien für zu teuer hält und daher einen Kurssturz an der Wall Street befürchtet. Das Wort des Nobelpreisträgers hat unter Investoren Gewicht, weil Shiller sowohl vor dem „irrationalen Überschwang“ bei Technologieaktien um die Jahrtausendwende als auch vor einer Übertreibung bei US-Immobilien vor der Finanzkrise 2008 gemahnt hatte.
61 Prozent überbewertet
Neben einem Index für die Preistendenzen am Häusermarkt hat Shiller auch einen Bewertungsmaßstab für Aktien entwickelt, der zyklische Gewinnschwankungen glättet. Der CAPE (Cycle Adjusted Price Earnings Ratio) eignet sich vor allem für eine Vorhersage langfristiger Kursentwicklungen. Laut Shiller notiert der Indikator derzeit 61 Prozent über dem historischen Schnitt. Zuletzt seien Aktien 1929, 1999 und 2007 so teuer gewesen. Jedes Mal folgte anschließend ein herber Absturz.
Frage des Timing
Grund für Panik gibt es trotzdem nicht. Der CAPE ist langfristig ausgelegt und eignet sich daher nicht für die Bestimmung einer kurzfristigen Börsentendenz. Selbst Shiller räumt ein, dass Überbewertungen am Aktienmarkt länger bestehen bleiben können. Die Vergangenheit zeigt, dass zyklische Börsenaufschwünge normalerweise dann zu Ende gehen, wenn die Notenbanken die Liquiditätsversorgung kappen. Soweit sind wir noch nicht. Erst wenn die Leitzinsen steigen, droht bei Aktien echte Gefahr. Vorerst bieten DAX und Co weiter gute Chancen – vor allem auch im Vergleich zu Anleihen, die noch weit teurer sind.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur des Börsenbriefs „Aktien-Strategie“. Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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