Von Bernd Niquet
Als es letztens um eine erneute Pleite eines Solarunternehmens ging, habe ich mir einmal die Börsencharts dieser Gesellschaften angeschaut. Sofort ergaben sich Erinnerungen an den Internet-Bubble der Jahre 1998 und 1999 mit anschließendem Zusammenbruch, den ich im Gegensatz zu der Solargeschichte damals hautnah und mit eigenem Geld mitbekommen habe.
Und es dauerte nicht lange, da bin ich noch einmal auf meinen Volksamazonen-Index gekommen. Erinnert sich noch jemand daran?
Es war Herbst 1999 – und schon damals habe ich gänzlich gegen die Masse gedacht. Doch hat sich das ausgezahlt?
Am 26. Oktober 1999 stand die Aktie des Internetstars aus der „New Economy“, Amazon.com, bei 78,50 Euro. Und diejenige eines extremen Gegenstücks aus der „Old Economy“, die Volkswagen-Stammaktie, bei 55,35 Euro.
New Economy versus Old Economy, das waren noch Zeiten.
Der Kurs von Amazon basierte damals ausschließlich auf Hoffnungen. Ich weiß gar nicht, ob es schon Gewinne gab, doch ich weiß, dass die Gewinnerwartungen gen Himmel schossen, denn anderweitig wäre ein Aktienkurs von 78,50 Euro bei einem Buchwert von deutlich unter Null auch nicht zu erklären gewesen.
Der Volkswagen-Konzern hingegen war nicht sexy, konnte auch nicht mit exorbitanten Wachstumsraten glänzen, besaß jedoch ein profitables Geschäft und eine Substanz, die nahezu den Aktienkurs deckte.
An diesem 26. Oktober 1999 bin ich daher die Wette eingegangen, dass die Volkswagen-Aktie in den nächsten zehn Jahren und länger weit besser performen wird als diejenige von Amazon.
Schon bald schien ich tatsächlich Recht zu bekommen. In den Zeiten der Internet-Baisse lief nämlich alles wie von mir vorhergesagt. Doch seit damals habe ich keinen Volkswagen mehr gekauft, bin jedoch Stammkunde bei Amazon geworden und kaufe dort mittlerweile fast alles, was ich zum Leben brauche, sogar Kleidung und Lebensmittel.
Und wenn das kein triftiger Grund ist, jetzt noch einmal nachzuschauen, wie meine Wette heute steht. Erstaunlicherweise hat keine der beiden Aktien seither einen Split durchgeführt, so dass die Kurse direkt vergleichbar sind. Als ich diese Kolumne schreibe, steht die Amazon-Aktie bei 171 Euro und die Volkswagen-Stämme bei 127,15 Euro.
Dieses Ergebnis ist erstaunlich. Denn es weist auf ein beinahe totes Rennen. Beide Aktien haben in etwa gleich viel zugelegt, roundabout 120 Prozent. Ich bin wirklich baff. Natürlich gab es bei Volkswagen zwischenzeitlich den Shortsqueeze, der die Kurse in unvorstellbare Höhen getrieben hat. Doch das will ich mir nicht an die Fahne heften.
Würde man allerdings einen Index der damaligen Internet-Unternehmen nehmen und sie gegen den Dax rechnen, würde das Ergebnis sicherlich eindeutig zu Gunsten von Volkswagen ausgehen. Doch darauf habe ich nicht gewettet.
Ich muss also zugeben, die Entwicklung von Amazon total unterschätzt zu haben. Vielleicht ist es in Bereichen neuer Unternehmensmodelle daher tatsächlich besser, nur auf den Marktführer zu setzen und nicht breit zu streuen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.